Das am Lake Eden gelegene Black Mountain College stellte 1937 seine Räumlichkeiten erstmals als Sommerresort für dessen Studenten und Lehrer zur Verfügung. Neben Erholung und Freizeitaktivitäten, übernahmen diese zugleich während der Sommerpause anfallende, landwirtschaftliche und administrative Aufgaben. Mit dem Umzug der zuvor in den südlich der Black Mountains gelegeneren Verwaltungsgebäuden der YMCA Blue Ridge Assembly ansässigen Schule nach Lake Eden 1941 entwickelte das Black Mountain College ein Sommerprogramm für Studierende, welches ein Work Camp mit einem akademischen Unterrichtsprogramm kombinierte.
Im Work Camp wurde den Studenten die Verantwortung für die Instandhaltung und Errichtung der zu dem Zeitpunkt im Aufbau begriffenen Unterrichtsgebäude des Black Mountain Colleges sowie die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Lebens übertragen. Da die Lehrpläne des begleitenden Studienprogramms zumeist auf die Aktivitäten im Work Camp abgestimmt waren, erhielten die Studenten die Möglichkeit einer unmittelbaren Übertragung der gelernten Inhalte in die Praxis. Weiterhin gestattete ein solches Programm eine starke Integration in die Gestaltung der eigenen Lern- und Lebensumgebung sowie die Mitwirkung in einem sich selbstversorgenden, autonomen System.
Die Summer Sessions wurden bereits ab 1941 für externe Studierende und Lehrende geöffnet und auf die jeweiligen Bedürfnisse und Anliegen der Bewerbenden angepasst. Im Sommer 1943 beispielsweise organisierte das Black Mountain College ein „Seminar for Foreign Scholars, Teachers and Artists“, welches im Kontext von Sprachkursen und Seminaren zur amerikanischen Kultur und Geschichte stand, um neu nach Amerika gekommenen Immigranten verschiedenster Fachrichtungen eine Assimilierung an die amerikanische Lebenswelt zu erleichtern.
Von Beginn an wünschte John Rice, Gründer und erster Rektor des Black Mountain College, spezielle Sommerkurse zu Musik und Kunst anzubieten. Erst sieben Jahre später wurde dieser Wunsch realisiert: im Sommer 1944 wurden die ersten Summer Sessions in the Arts unter der Leitung Josef Albers und das erste, von Heinrich Jalowetz initiierte Summer Music Institute abgehalten. Beide Kurse wurden von da an bis 1953 zu einem festen Bestandteil der alljährlichen Summer Sessions.
Während der Sommermonate war das College für Studierende, Lehrende sowie praktizierende Künstler aus ganz Amerika und Europa geöffnet, was zur Folge hatte, dass die unter dem Jahr herrschende, konstante Zusammensetzung von Schülern und Lehrern an ungewohnter Dynamik gewann. Wie Martin Duberman in „Black Mountain. An Exploration in Community“ beschreibt, wohnte den Sommersemestern aufgrund des Zustroms neuer, temporärer Studenten eine andere Energie inne, die nahezu eine gegensätzliche Erfahrung wie in den Semestern unter dem Jahr konstituierte:
„The summer people weren’t trying to make a life at Black Mountain College, they were trying to put together a concert or an art show. The result was that the summer institutes often were utopias of a sort–places, that is, of good-humored vitality, of agreeable sights and sounds, of people making an effort to be pleasant and cooperative“. (1)
Der Unterschied zu anderen, zu dieser Zeit in Amerika emergierenden Sommerschulen manifestiert sich dabei vor allem in der Freiheit im Lehrprogramm und der Offenheit gegenüber neuen, innovativen Ideen. Anstelle professioneller Kunstpädagogen, lud man bevorzugt praktizierende Künstler ein, die sich als Vorreiter oder besonders innovativ auf ihrem Gebiet hervorgetan hatten. Gleichwohl die Summer Sessions unter bestimmte Themen gestellt wurden, waren diese sehr weit gefasst und erlaubten größtmögliche Freiheit in Lehrinhalten und Lehrmethoden.
Im Sommer 1944 beispielsweise, hielt Heinrich Jalowetz das Summer Music Institute unter dem Thema ‘Interpretation’, da er bei der Auslegung und Aufführung von Musik besonderen Wert auf das Einbringen und demnach auch die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit legte. Josef Albers hingegen wählte ‘Teaching Art’ als Thema für das Summer Art Institute. Der Experimentcharakter, der integraler Bestandteil des Lehr- und Lernkonzepts am Black Mountain College war, manifestiert sich dabei sogar in der Auswahl Lehrenden:
„I have no purpose to interfere or direct our guest teachers. At Black Mountain College, one of our principles is to leave it to the teacher what and how he teaches.“
Wenn den Summer Sessions auch aufgrund der Heterogenität von Herkunft und Bildungsstand eine ungewöhnliche lockere, ungezwungene Atmosphäre innewohnte, und von Beiwohnenden oft als magisch und zauberhaft euphemisiert wurde, ließ es sich nicht vermeiden, dass die sich unter dem Jahr entwickelnden Spannungen und Streitigkeiten auch während der Sommermonate zu spüren waren:
„Although the summer sessions were generally more relaxed than the winter sessions, they were not by any means idyllic. For the most part the summer faculty did not become deeply involved in the educational ideals of the college or its political battles, but they could not help but catch a ‚whiff of the open and veiled hostilities that provided a constant and oppressive undercurrent’ and that cast a shadow over what might otherwise have been a magical kingdom.“ (2)
Dennoch entwickelte sich in den Sommermonaten eine ungewöhnlich intensive und interdisziplinäre Arbeitsatmosphäre, die Raum für die Entwicklung außergewöhnlicher Künstlerkollaborationen schuf, die wiederum die Entstehung von “The Ruse of Medusa”, “Theater Piece No. 1” oder “Early X Piece” ermöglichten.
Ein Artikel von Verena Kittel
Teilnehmende Studentin der Lehrveranstaltung “Black Mountain College als Kreativitätsmodell. Zur Genealogie entgrenzender Kunstpraktiken und performativer Künste” (WS 13/14) geleitet von Prof. Dr. Annette Jael Lehmann an der Freien Universität Berlin.
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1 Martin Duberman, Black Mountain, An Exploration in Community, in: http://blackmountaincollege.org/blog/blog/the-bmc-summer-sessions.html (Stand 18.11.13)
2 Harris, Mary Emma: The Arts at Black Mountain College, (Cambridge (Massachusetts); MIT Press, 1987), S. 100.

