Robert Rauschenberg – Pink Door (1954)

Robert Rauschenbergs “Pink Door” (1954) ist eines der prominenteren Ausstellungsstücke der Black Mountain Ausstellung, deren Interesse eher zweitrangig dem Präsentieren großer Namen gilt. Dass sich die Kuratoren der Ausstellung jedoch für dieses Werk Rauschenbergs entschieden haben, ist wohl kein Zufall, schließlich vereint “Pink Door” ein Gros der Lehransätze des Black Mountain Colleges in sich.

In den Jahren 1948/1949 studierte Rauschenberg am Black Mountain College unter anderem bei Josef Albers. Hier macht er auch Bekanntschaft mit John Cage und Merce Cunningham, was zur Ausstellung der “White Paintings” als Teil des “Untitled Events” führte. Ab 1951 führte Rauschenberg seine radikalen Farbexperimente mit den “White Paintings”, den “Black Paintings” und den “Red Paintings” jenseits von Black Mountain, in der Kunstmetropole New York fort.

Von 1953 bis zum Ende der 50er Jahre, experimentierte Rauschenberg mit den “Combine Paintings” zwischen Malerei und Skulptur – ein Versuch, die Grenze zwischen Kunst und Leben aufzuheben. Dabei kamen Alltagsgegenstände wie Radios, Küchengeräte oder ausgestopfte Tiere zum Einsatz, die in Collagen mit anderen Materialien und Farbe kombiniert wurden. “Pink Door” ist eine 
230 x 121 cm große Collage aus Ölfarbe, Wolle, Gaze, einem Türrahmen und einer Tür, die sich den “Combine Paintings” zuordnen lässt. Inspiriert wurde Rauschenberg bei den “Combine Paintings” von den unterschiedlichen Einflüssen rings um sein Atelier im Zentrum New Yorks.

Setzt man sich mit Rauschenbergs Arbeiten am Beispiel des “Pink Painting” auseinander, begegnet man vielen der am Black Mountain College üblichen Praktiken:
Josef Albers auf Wiederholung und Disziplin beruhende Farbexperimente,
das Miteinbeziehen der in der direkten Umwelt vorhandenen Materialien und Alltagsgegenstände bei Anni Albers sowie die interdisziplinären Experimente John Cages oder Merce Cunninghams.
Oder die seit dem Bauhaus existierenden Experimente an der Grenze von Kunst und Leben (die im Alltag des Black Mountain College gelebte Realität wurden, sei es in der Selbstversorgung oder beim Errichten neuer (Schul-)Gebäude).

Rauschenberg ist einer der Ersten und Erfolgreichsten, der die am Black Mountain College erlernten Experimente und Praktiken fortführte und weiterentwickelte. Das “Pink Painting” ist aus dem Grund so interessant für die Ausstellung, weil es ein frühes Werk eines Black-Mountain-Studenten darstellt, das außerhalb des Schutzraums Black Mountain entstand: 1954, zwei Jahre vor der Schließung des Black Mountain College. Rauschenberg irgendwo zwischen New York School, Amerikanischem Expressionismus und der frühen Popart beweist, dass die in den Bergen North Carolinas erprobten Methoden, auch im Trubel der Metropole New York fruchtbar sind. Am Beispiel Rauschenberg zeigt sich die Bedeutung des Black Mountain College für aufkommende künstlerische Strömungen in den Vereinigten Staaten.

Ein Artikel von Christopher Ramm

Teilnehmender Student der Lehrveranstaltung “Black Mountain-Tracing Basics. Modelle performativer Künste und Wissenschaften” (Sommersemester 2015) geleitet von Prof. Dr. Annette Jael Lehmann an der Freien Universität Berlin